Fasnet in
Oberdischingen
Nachweislich wurde
in Oberdischingen schon Anfang des letzten Jahrhunderts Fasnet gefeiert. So gibt
es Bilder vom Liederkranz aus dem Jahre 1913 sowie dem Musikverein aus den 30er
Jahren, die Mitglieder beim Fasnetsvergnügen zeigen. Die nächsten belegbaren
Aktivitäten zeugen aus den 50er Jahren. Es gab einen improvisierten Umzug mit
Begleitung der Musikkapelle zum Sportplatz, wo z.B. 1957 ein Fußballspiel
zwischen dem "1. FC Alle Neune" gegen "1. HC Blechspucker"
stattfand. Nach diesem Wettkampf zogen die Akteure und Zuschauer zurück ins
Dorf, um in den Lokalen ausgiebig Fasnet zu feiern.
Im Jahr 1965 kam aus dem Musikverein der Vorschlag, am Fasnetssonntag einen
Kinderumzug zu veranstalten. Dieser Umzug wurde ein großer Erfolg. Der Umzug
wurde in den folgenden Jahren jeweils am Fasnetssonntag abgehalten. Um die
Oberdischinger Fasnet in geordnete Bahnen zu bringen, wurde mit Vertretern der
örtlichen Vereine und Gruppierungen im Jahre 1969 eine Narrengesellschaft
gegründet. 1970 wurden die "Malefizdorle" gegründet, die Auftritte
der Elferräte mit Tanzdarbietungen umrahmten. In diesem Jahr wurde auch der
Oberdischinger Narrenruf "Male-Fiz" eingeführt. In den folgenden
Jahren wurde die Oberdischinger Fasnet vom Elferrat um Präsident Peter Braig
und Bürgermeister Alois Speiser organisiert. In den Jahren 1978/79 entstanden
die drei Oberdischinger Maskengruppen Gauner, Schloßgeister und Malefizweiber.
Der historische Hintergrund der Maskengruppen bezieht sich auf das Leben und
Wirken des Grafen Franz Ludwig Schenk von Castell in Oberdischingen und
Oberschwaben.
Graf Franz Ludwig Schenk von Castell (1736-1821), mit dem Beinamen Malefizschenk,
übernahm 1764 die Herrschaft und baute sich im Laufe der Jahre eine aus
zahlreichen kleinen und großen Gebäuden bestehende Residenz, nämlich Schloß
mit Park, Kavalierbau, eine Kirche, ein Kanzleigebäude und einen spitz
zulaufenden Marktplatz an, zu beiden Seiten je fünf große Wohngebäude, die
bis heute das Ortsbild von Oberdischingen prägen. Berühmt und berüchtigt wurde er vor allem
dadurch, dass er viele Spitzbuben und Weiberleut, die mit dem Gesetz in Konflikt
kamen, gefangennehmen und etwa 40 von ihnen nach einem ordentlichen Gerichtsurteil
hinrichten ließ.
Nach und nach beteiligten sich die Maskengruppen an den Aktivitäten der
Oberdischinger Fasnet. Als 1985 der Elferrat die Geschicke komplett an die
Maskengruppen übergab, wurde ein Narrenrat gegründet, der aus je zwei
Vertretern der Gruppen bestand. Im Jahre 1985/86 wurde eine Satzung erarbeitet,
die es ermöglichte, den Verein mit der Gründungsversammlung am 3. Oktober 1987
ins Vereinsregister beim Amtsgericht einzutragen. Zugleich wurde die
Schalmeienkapelle "Butzahora" in die Narrengesellschaft aufgenommen.
1990 wurde die Narrengesellschaft um die "Henkertrommler
Oberdischingen" erweitert.
Jedes Jahr, ein Wochenende vor dem Fasnetssonntag, veranstaltet die
Narrengesellschaft Oberdischingen einen großen Fasnetsumzug.
Malefizweiber
1977 überlegte eine
Gruppe Jugendlicher ob und in welcher Weise sie sich am Oberdischinger
Fasnetsleben beteiligen sollten. Nach einigem Hin und Her beschlossen sie, als
Hexen im Umzug mitzuspringen. Im Jahr danach, 1978, war es dann soweit! Angetan
mit Gummimasken, bunt zusammengewürfelten Kleidern, weißen Spitzenunterhosen
und Stulpen trieben ca. 25 Hexen ihr Unwesen. Ein Jahr ging es so weiter, bevor
1980 die erste "kleine" Kleiderordnung entstand. Das Häs bestand aus
einem blauen Rock, rote Bluse und einer gelben Schürze, die Stulpen waren
rot-weiß geringelt und die Kopftücher blau-weiß kariert.
Nachdem es bis dahin ein loser zusammengewürfelter "Haufen" war,
wurde nun ein Verein gegründet und der Erste Vorstand, Karl Merkle, machte
gleich Nägel mit Köpfen: zur nun einheitlichen Kleidung sollte eine Holzmaske
kommen, die einen historischen Hintergrund hat. Die Oberdischinger Geschichte
wurde durchgearbeitet und dabei die Klageweiber gefunden. Unter dem berühmt
berüchtigten Malefizschenken mussten einige Gauner ihr Leben lassen. Die
Verurteilten wurden in Ketten auf den Galgenberg geführt und auf diesem harten
Weg von alten Weibern begleitet, die um sie weinten und laut klagten.
Nun wurde Herr Demeter beauftragt, eine Maske zu entwerfen, die keine Hexe,
sondern ein altes Weib darstellen sollte. Mit dieser Maske stellten sich die
"Malefizweiber" 1981 dem Oberdischinger Umzugspublikum vor. Später
wurde dann noch eine weitere Maske von Herrn Demeter entworfen.
1982
führten einige Mitglieder der Gruppe erstmals einen Maskentanz auf. Eine neue
Gruppenordnung wurde 1984 unter dem neuen Vorstand Helmut Wiedemann, der dieses
Amt übernommen hatte, aufgestellt. Nach zwei Amtsperioden übergab Helmut
Wiedemann sein Amt an Margot Schmucker, die 10 Jahre lang die Geschicke der
Malefizweiber lenkte. Unter ihrer Leitung wurde am 8. Juni 1991 das zehnjährige
Bestehen der Malefizweiber gefeiert. 1997 gab Margot Schmucker ihr Amt an
Beatrix Hörmann weiter.
Im Jahr 1999 wurde
beschlossen, eine dritte Maske
bei Herrn Hasenmaile anfertigen zu lassen.
Am 29.
September 2001 wurde dann das
20jährige Bestehen in der Festhalle Oberdischingen gefeiert. Eingeladen waren
unter anderen sowohl ehemalige Gründungsmitglieder als auch Vertreter der anderen
Oberdischinger Narrengruppen. Nach drei Amtsperioden übergab schließlich auch
Beatrix Hörmann ihr Amt an Jochen Ihle.
Im August 2006 stand das 25-jährige Jubiläum an. Im Kanzleihof wurde ein großes Zelt aufgestellt und bei bester Laune mit Barbeque, Alleinunterhalter und zahleichen Programmpunkten bis spät in die Nacht gefeiert.
Nach zwei Amtsperioden gab dann Jochen Ihle sein Amt an den jetzigen Vorstand Harald Guter weiter.
Die Malefizweiber bestehen heute aus ca. 130 Mitglieder und etwa 40 Kindern. Die
genaue Anzahl können Sie auf der Seite "Zahlen"
entnehmen.
[Die vorhergehenden Abschnitte sind größtenteils aus dem Buch "S´goht dr gega" (ISBN 3-89570-371-0) des Geiger-Verlags entnommen]